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«TIERSCHUTZ IST KEIN SELBSTLÄUFER. AUCH NICHT IN DER SCHWEIZ»

Christian Niehus über sein langjähriges Engagement für Tiere, seine eigenen Tiere und wo er im Schweizer Tierschutz Handlungsbedarf sieht. Das Interview wurde aufgezeichnet im Oktober 2016.

Herr Niehus, seit 15 Jahren engagieren Sie sich für das Wohl und den Schutz von Tieren. Wie kam es dazu?

Ich bin mit Tieren aufgewachsen und sie waren mir schon immer wichtig gewesen. Dass ich mich heute aktiv für den Schutz von Tieren einsetzte, hat mit einem Erlebnis auf einem Hof in der Nähe von Zürich zu tun. Ich war damals eingeladen zu einem Hoffest, bei dem eine Kuh spontan mit dem Kalbern startete. So kam es, dass ich hautnah die Geburt eines Kalbes miterleben konnte. Der Bauer musste immer wieder mit Seilen und Ketten unterstützend eingreifen und dem Kleinen aus dem Geburtskanal helfen. Als das Kalb dann endlich da war, hob er es hoch und brachte es in einen kleinen Nebenstall. Dort legte er es ab – auf den kalten, nackten Steinboden.

 

Warum das? Was geschah mit dem Kalb?

Der Bauer betreibt einen Milchbetrieb. Einen Ochsen konnte er nicht gebrauchen und für die Bullenzucht war das Tier zu wenig erfolgsversprechend. Damit hatte das Kalb für den Bauer keine Daseinsberechtigung mehr. Im Gegenteil, je länger es mit der Mutter zusammengeblieben wäre, desto stärker hätte es deren Milchertrag geschmälert. Das frisch geborene Kalb verendete dort, wo es abgelegt wurde. Vermutlich verdurstet oder verhungert. Die Kinder hat diese Nachricht verstört – mich hat es aber nachhaltig geprägt.

 

Inwiefern?

Ich habe meine Ernährung grundlegend überdacht. Man muss wissen: Was mit dem Kalb geschah, ist nicht das Handeln eines herzlosen Bauers, sondern es hat in unserer Nahrungsmittelproduktion System. In unsrem System gilt: Was nicht wirtschaftlich ist, wird nicht geduldet. Unser Essen basiert auf einer Perversion, worunter die Tiere leiden. Ich esse aktuell noch immer rund zehn Prozent tierisches Eiweiss. Dabei achte ich aber sehr auf die Herkunft und Aufzuchtbedingungen der Tiere. Das geht heute glücklicherweise mit den gut ausgezeichneten Angeboten immer besser.

 

Weniger Fleisch zu essen, kann ich übrigens auch als Mediziner gutheissen. Wir Menschen sind nicht mit einem Reissgebiss ausgestattet worden, sondern mit einem Mahlgebiss. Lange Zeit haben wir uns nur von Getreide, Gemüse, und Früchten ernährt. Tiere kamen erst viel später dazu. Heute essen wir zu viel Fleisch.

 

Der Verzicht auf Fleisch also. Gibt es weitere Engagements?

Ja, ich nutze meine digitale Reichweite um auf Tiermisshandlungen aufmerksam zu machen. Wir haben ja alle die Angewohnheit unbequemen Tatsachen, die uns aufwühlen, aus dem Weg zu gehen. Dieses Ausblenden von Verstörendem, ist ja auf digitalen Netzwerken wie Facebook nur bedingt möglich. Das nutze ich für mich und sensibilisiere auf Tiermisshandlungen und Verstösse gegen das Tiergesetzt. Das hat mich leider auch schon einige Netzwerkfreunde gekostet.

 

Warum machen Sie es trotzdem? Was wollen Sie damit erreichen?

Ich will aufmerksam machen darauf, dass Tierschutz – auch hier in der Schweiz – keineswegs ein Selbstläufer ist. Die Missachtungen, angefangen bei Einzelfällen von Tierquälerei bis hin zur systematischen Perversion in der Nahrungsmittelproduktion, müssen thematisiert werden. Nur so können Missstände aufgedeckt und bestraft oder gesetzlich neu geregelt werden.

 

Unterstützen Sie den Tierschutz auch finanziell?

Jawohl. Ich gebe einen bestimmten Teil meiner Einkünfte an Einrichtungen für Tiere weiter. Auf meinen Reisen konnte ich über die Jahre hinweg ein breites, persönliches Netzwerk mit Tierheimen und Auffangstationen aufbauen. Diese unterstütze ich langfristig. Mit vielen dieser Kontakte verbindet mich mittlerweile auch eine gute Freundschaft. In Spanien etwa kümmern sich Freunde um vier meiner Hunde.

 

Sie haben Hunde in Spanien?

Ja genau. Leider fehlt mir hier in der Schweiz ganz einfach die Zeit um allen meinen Hunden gerecht zu werden. Mit mir lebt aktuell einzig Marlon, ein 2-jähriger Podenco Andaluz.

 

Woher haben Sie Marlon?

Ich habe Marlon auf einer Tötungsstation in Spanien gesehen. Er war der nächste, in der Reihe. Ich habe ihn direkt in mein Herz geschlossen. Zwei weitere Hunde leben übrigens noch bei meiner Mutter.

 

Sie sorgen also für fünf Hunde?

Genau ja.

 

Was ist Ihnen bei der Erziehung Ihrer Hunde zentral?

Ich verachte jegliche Form von Gewalt. Strickte Leitplanken sollen gelten, ja. Aber diese müssen klar ohne Gewalt durchgesetzt werden. Schmunzelt verschmitzt. Kurze Pause. Das mit den strikten Leitplanken ist zumindest das erklärte Ziel. Ich muss aber schon zugeben, in der Praxis ist das ab und zu verdammt schwierig. Dieser Hundeblick ist sowas von effektiv.

 

Was haben Sie zuletzt von Ihrem Hund gelernt?

Überlegt lange. Ich glaube, nicht nachtragend zu sein. Wenn ich mit Marlon schimpfe, dann zieht er sich für eine Weile zurück. Dann kommt er wieder hervor und ist derselbe Marlon wie zuvor. Das braucht Stärke. Wir Menschen können extrem viel von Hunden lernen – von Tieren insgesamt – davon bin ich überzeugt.

 

Die britische Verhaltensforscherin und Tierrechtlerin, Jane Goodall sagte einmal, man könne Tieren nicht gerecht werden, wenn man sie zu stark vermenschlicht. Gehen Sie einig mit ihr?

Das mag schon sein, ja. Und in der Theorie sehe ich auch die Gefahren und Konsequenzen dieser Vermenschlichung, gerade bei Wildtieren. Aber in der Praxis. Also ganz ehrlich, das funktioniert bei mir nicht. Da muss man schon verdammt konsequent und hart sein.  

 

In Ihrem Arbeitsalltag als Schönheitschirurg treffen Sie immer wieder auf neue Menschen mit Sorgen, Ängsten und Hoffnungen. Profitieren Sie in diesen persönlichen Gesprächen von Ihren Erfahrungen als Tierhalter?

Das habe ich mir so noch nie überlegt. Aber ich denke. Das geschieht wohl ganz unbewusst. Überlegt. Ich versuche – und das lebt mir Marlon vor – jedem Menschen offen und unvoreingenommen gegenüberzutreten. Ganz egal ob erfolgreicher Geschäftsmann, armer Schlucker, ob dunkelhäutig oder nicht; ich konzentriere mich bei allen erst einmal auf den Menschen und warum er bei mir ist. Es liegt nicht an mir ein Urteil zu fällen über Sinn und Unsinn einer Veränderung.

 

Und wie profitieren Ihre Patienten und Patientinnen von dieser Offenheit?

Menschen die zu mir kommen, leiden mitunter stark und oft über eine längere Zeit unter einer Situation. Das offene, unvoreingenommene Zugehen auf diese Menschen, hilft beidseitig ein vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen. Und gerade das gegenseitige Vertrauen ist in der Schönheitschirurgie ein zentraler Faktor für erfolgreiche Ergebnisse.

 

Der Schutz von Tieren ist in der Schweizer auf oberster Ebene in der Bundesverfassung verankert. Der Kanton Zürich hat seit über zehn Jahren einen Anwalt für Tiere eingesetzt. Wo sehen Sie denn im Schweizer Tierschutz noch Handlungsbedarf?

Sie haben gerade die gesetzliche Grundlagen und Instrumentarien aufgeführt. Die Praxis zeigt aber, dass es trotz dieser Vorkehrungen, Menschen gibt, denen nicht bewusst ist, dass Tiere in erster Linie Lebewesen – und keine Sachen – sind. Es gibt immer wieder Menschen, die Tiere so behandeln, wie sie es für richtig erachten. Und das kann weit von dem abweichen, was rechtens ist. Die grösste Schwachstelle sehe ich beim konsequenten Aufdecken und Bestrafen von Verstössen.

 

Sie wollen also härtere Strafen?

Ja. Ein Zeigefinger mit Verwarnung reicht, meiner Meinung nach nicht. Das ist ein wenig so, wie beim Schwarzfahren. Fehlt die reelle Gefahr erwischt zu werden, nimmt man es nicht so genau.

 

Was meinen Sie, was unterscheidet diese Menschen, von denen die Tiere als Lebewesen mit eigenen Rechten achten?  

Ganz einfach ausgedrückt?

 

Ja bitte.

Die einen sind gute Menschen – die anderen schlechte.

 

Etwas gar plakativ nicht?

Okay ich versuche zu präzisieren: Für mich gibt es sinnliche Menschen und es gibt unsinnliche Menschen. Unsinnliche Menschen gehen, um eigene Ziele zu erreichen, auch über Leichen. Es sind die Menschen, die im Restaurant eine Flasche Wein bestellen, weil man es eben so macht und damit sie wegkommt. Und dann gibt es Menschen, die bei allem was sie tun, mehr Gefühl investieren. Sie fühlen Befriedigung etwa beim Kochen, sie wertschätzen die Leistung der Natur – etwa bei einem guten Tropfen Wein. Sie haben einfach eine andere Brille auf, während dem sie durch’s Leben gehen.  

 

Mahathma Ghandi hat zu dieser Frage einmal gesagt: «Die Grösse und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie die Tiere behandelt» Gibt es dem noch etwas hinzuzufügen?

Nein, das lass ich gerne so stehen.

Abschliessend gebe ich ihnen Satzfragmente und bitte Sie diese kurz und bündig zu vervollständigen.

 

Mein erstes, eigenes Tier…

ist Marlon, der 2-jährige Podenco Andaluz. Als Kind hatte ich noch zwei Hamster. Schmunzelt. Daisy hiess der eine, an den anderen kann ich mich nicht mehr erinnern.

 

Mein Hund nervt mich,…

wenn er mitten in der Nacht zu bellen beginnt.

 

Ich engagiere mich für Tiere, weil…

sie es selber nicht können. Menschen haben eine Stimme, Tiere haben keine. Sie können sich nicht wehren, leiden aber genauso wie wir Menschen. Diese Ungleichgewicht versuche ich mit meinem Engagement auszugleichen.

 

Das grösstes Tier, das ich je gesehen habe,…

war ein Buckelwal, im Osten von Kanada.

 

Ein tierischer Instinkt, den ich gerne hätte,…

ist die Nase eines Hundes. Ich denke da nicht unbedingt an die Fähigkeit Gerüche aufzuschlüsseln, sondern an das geniale Feingespür in der Frage, ob eine Person gut oder schlecht ist.

Tieren würde es besser gehen,…

wenn die Menschen einsichtiger wären und weniger konsumgesteuert handelten. Sich ein wenig einschränken und nach dem Grundsatz leben «tue einem anderen nicht an, was man dir nicht antuen soll» würde schon vieles verbessern.

 

Zuletzt wegen Marlon gelacht habe ich,…

als ich die zerbissenen Kissen unseres Sofas gesehen habe.

 

Das letzte Tier, das ich gegessen habe,…

war ein Fisch, vor etwa zehn Tagen.

 

Tierschänder gehören für mich…

Zahn um Zahn – Auge um Auge. Tierschändern soll bis hin zum Todesurteil alles drohen, was sie den Tieren angetan haben. Im Affekt halte ich nur dies für tatsächlich angemessen – in jedem Fall aber gehört eine Misshandlung bestraft.

 

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